Der Seiler

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Ein Seil ist ein aus zusammengedrehten Natur- oder Kunstfasern oder Drähten bestehendes längliches, biegeschlaffes, elastisches Element, das meist zur Übertragung von Zugkräften, aber auch zu einer Vielzahl anderer Zwecke verwendet wird

Erste Darstellung einer Seilerei in Ägypten

 
Historische Darstellung eines Seilers aus dem 16. Jahrhundert

Seilmaschine im Schiffahrtsmuseum in Spitz an der Donau

Geschichte

Bereits für das Mesolithikum sind Seile und Fischernetze aus Weidenbast nachgewiesen. Die ersten dokumentierten Seiler fand man im alten Ägypten. Seile wurden beim Bau von verschiedenen Bauwerken wie Tempeln und Pyramiden eingesetzt.

In Europa wurden in der Renaissance und der Entwicklung der Seefahrt zunehmend Seile im größeren Maße hergestellt. Die Herstellung auf industrieller Weise fing im 19. Jahrhundert an. Dabei wurde zunehmend anderes Material außer Hanf, wie Stahl, verwendet.

Im Kaisertum Österreich war einer der bedeutendsten Hersteller Joh. B. Petzl & Sohn, der sich auf die Herstellung von Hanf- und Drahtseilen spezialisierte.

Herstellung

Seile, plattdeutsch Reepe, wurden früher vom Reepschläger per Hand auf Seilerbahnen, auch Reeperbahnen genannt, gedreht. Heutzutage erfolgt die Herstellung maschinell mittels Seilschlagmaschinen. Sie tragen diesen Namen, weil man das Verdrillen auch schlagen nennt, um es vom Flechten zu unterscheiden. Historisch wurde das Drehen der einzelnen Seilstränge mit einer Warbel  vorgenommen.

Mehrere aus Fasern gesponnene Fäden bzw. einige Drähte werden zunächst zu Litzen zusammengedreht. Aus mehreren Litzen wird dann das Seil geschlagen. Ein dünnes Seil besteht aus 3 bis 4 solcher Litzen, die verdrillt werden.

Der Seiler bei der Arbeit

Seilherstellung auf einer Vorrichtung aus dem Jahr 1928
Der Führungsdorn um die Litzen zusammen zu verdrillen.
Der Seiler auf dem Weg zum fertigen Seil.
Handwerkliche Seilherstellung in einer Seilerei.

Bezeichnungen

Die Bezeichnung Seil wird gleichermaßen für Seile aus Natur- und Kunstfasern wie auch für Drahtseile verwendet. Textile Seile werden umgangssprachlich beispielsweise auch als Strick oder Kordel bezeichnet. Faden, Bindfaden, Garn, Zwirn und Schnur werden nicht zu den Seilen gezählt, obwohl sie in Aufbau und Wirkungsweise vergleichbar, wenn auch dünner und schwächer sind. Auch bei dem stärkeren Tau und der schweren Trosse wird nicht von einem Seil gesprochen.

Im maritimen Zusammenhang spricht man niemals von Seilen. Die Oberbegriffe heißen Tauwerk bzw. laufendes und stehendes Gut, für das es eine Vielzahl von genauen Bezeichnungen nach der Machart oder der Verwendung gibt.

Auch im Klettersport unterscheidet man Seile nach verschiedenen Kriterien.

für Elektrische Leitungen werden auch Seile aus Kupfer, Messing, Aluminium und Speziallegierungen verwendet.
Stahlseil mit Z-Schlag und gegenläufigen Litzen

Materialeigenschaften

Vorteile Nachteile Verwendung
Baumwolle vergleichsweise geringe Festigkeit, gegen Motten anfällig Textilien, Kordeln
Flachs Springseil
Hanf höchste Festigkeit bei den Naturfasern geringe Bruchdehnung, Fasern sind grob und hart, im Freien verrottet Hanf langsam, Knoten in feuchten Seilen nur schwer zu lösen (vgl. alte Bergseile im Regen) Dichtungsmaterial, Tauziehen, Deko, ehemalig Taue in der Takelage
Kokos sehr hohe Scheuerfestigkeit, gute Elastizität, geringe Schmutzaufnahme, gute Schockabsorption Fußmatten, Baumbinder, früheres Füllmaterial in Autokopfstützen
Manila reißfest, widerstandsfähig gegen Meerwasser, leicht Taue in der Seefahrt
Sisal hohe Reiß- und Scheuerfestigkeit, leicht und gut färbbar, widerstandsfähig gegen Feuchtigkeit Schiffstaue, Seile, Fußmatten, Netze, Teppiche, Katzenkratzbäume
Polypropylen (PP) sehr leicht (schwimmfähig), nimmt kein Wasser auf, chemisch beständig gegenüber den meisten Säuren und Laugen, verhältnismäßig preisgünstig, hohe UV-Beständigkeit nur ausgerüstet abriebfest und temperaturbeständig Schwimmleine, günstige Festmacher, Allzweckseile z.B. für Baustellen, Wurfleine
Polyamid (PA) hohe Festigkeit und hohe Bruchdehnung, d.h. hohe Energieaufnahme quillt im Wasser auf, verliert Festigkeit bei Kontakt mit Wasser, wird u.U. hart, nicht komplett beständig gegen einige Säuren und UV-Strahlung Klettern, Sichern, Hochwertige Festmacher
Polyester (PES) hohe Festigkeit, nimmt kein Wasser auf, sehr beständig gegenüber Witterungseinflüssen und den meisten Chemikalien, sehr hohe UV-Beständigkeit relativ schwer, niedrige Bruchdehnung
Hochfestes Polyethylen (PE) "Dyneema", extrem hohe Bruchfestigkeit (5-fache von Polyamid), sehr leicht (schwimmfähig), nimmt kein Wasser auf, äußerst beständig gegenüber Säuren und Laugen extrem geringe Bruchdehnung, Temperaturbeständig nur bis 70 °C

Die früher z.B. beim Segeln und Bergsteigen verwendeten Seile waren meist aus Hanf; heute werden überwiegend synthetische Materialien verwendet. Sie sind bei geringerem Gewicht und Durchmesser stabiler, scheuerfester und besser knotbar. Außerdem saugen sie abhängig von der Imprägnierung kaum Wasser auf und frieren dadurch nicht so leicht ein. Allerdings altern Kunststoffseile durch die UV-Strahlung des Sonnenlichts schneller, so dass ihre Haltbarkeit und Festigkeit mit der Zeit abnimmt.